
# 3 Resilienz
- Worum geht es?
- #1 „Appreciation of Wisdom“-Kultur
- #2 Business Continuity Management für alle
- #3 Geopolitisches Resilienzsystem
- #4 Individuelle Resilienz stärkt unternehmerische Anpassungsfähigkeit und gesellschaftliche Stabilität
- #5 Innovationsfreundliche Schulbildung
- #6 Innovationsreportings
- #7 Wirtschaftliche Notfallkonzepte auf kommunaler Ebene
- #8 KI-gestützte Frühwarnsysteme für ökologische Risiken
- #9 Rat für resiliente Zukünfte
- #10 Resilienzradar
- #11 Reverse Mentoring
- #12 Resilienz-Stresstests für systemkritische Institutionen des Wirtschaftssystems
- #13 Trend- und Wissenskooperation mit KMU-Fokus
Worum geht es?
Globale Krisen, geopolitische Spannungen, technologische Abhängigkeiten und klimatische Kipppunkte machen deutlich: Zukunftsfähige Wirtschaftssysteme brauchen mehr als Effizienz – sie brauchen Resilienz. Im Zentrum steht die Fähigkeit, Schocks nicht nur frühzeitig zu erkennen und zu überstehen, sondern in ihnen auch Impulse für Transformation und Innovation zu erkennen. Resilienz bedeutet dabei nicht – die meist eh utopische – Autarkie um jeden Preis, sondern eine gezielte Kombination aus Reflexions- und Anpassungsfähigkeit, strategischer Vorausschau, ehrlicher Fehlerkultur und Nutzung eigener Stärken.
Gerade in hochvernetzten Gesellschaften und Wirtschaftssystemen stellt sich die Frage, wie Verwundbarkeiten frühzeitig identifiziert, kritische Abhängigkeiten reduziert und institutionelle wie unternehmerische Strukturen widerstandsfähiger gestaltet werden können. Niemand weiß, welche Krise als Nächstes kommt, daher muss unser Wirtschaftssystem möglichst so aufgestellt sein, dass eine grundlegende Betriebsfähigkeit auch im „Fall der Fälle“ gewährleistet ist – sowohl auf kollektiver Ebene als Markt und Volkswirtschaft als auch auf Ebene der einzelnen Unternehmung und des Individuums. Bedrohungen wie Desinformation, Cyberangriffe oder Lieferengpässe verdeutlichen: Resilienz ist kein isoliertes Sicherheitskonzept, sondern ein zentraler Innovationsrahmen. Denn wer frühzeitig Krisenszenarien antizipiert, eröffnet sich Gestaltungsspielräume.
Resilienz ist dabei keine Einbahnstraße. Es geht nicht nur um die Supply-, sondern auch um die Demand Chain. Eine exportorientierte Volkswirtschaft wie die deutsche braucht auch heterogene Absatzmärkte. Freihandelsabkommen können helfen, Absatzmärkte zu diversifizieren, sind aber in ihrer Wirkung limitiert. Weiterentwicklungen und Alternativen zur traditionellen Logik von Abkommen sind notwendig.
Für Unternehmen kann es dabei auch eine legitime Option sein, (vorerst) bewusst in der Abhängigkeit zu bleiben, wenn die Grenzkosten einer Resilienzsteigerung noch zu hoch sind. In der Zwischenzeit sollten dann aber die durch die Abhängigkeit erwirtschafteten Gewinne in resilienzsteigernde Maßnahmen re-investiert werden, um mittelfristig in der Lage zu sein, den eventuellen Gewinnausfall durch sich verändernde Rahmenbedingungen zu kompensieren.
Das alles zeigt: Die wirtschaftliche Resilienz berührt zentrale Fragen der strategischen Unternehmensausrichtung, des Investitionsverhaltens und der Innovationskultur. Sie erfordert ein neues Erwartungsmanagement: weg von der „Vollkasko-Mentalität“, hin zu selbstbewusster Eigenverantwortung von Unternehmen. Dies erfordert ein Screening nach Schwachstellen und einen Wandel im Mindset vom Fokus auf kurzfristige Kosten hin zu langfristigen Erfolgen. Politische Rahmenbedingungen spielen eine Schlüsselrolle: etwa durch die Förderung europäischer Souveränität in kritischen Infrastrukturen.
Konkrete Ansatzpunkte zur Resilienzsteigerung umfassen zudem neue Arten der Stresstests sowie ein Resilienzradar. Die Ausweitung des Business Continuity Management (BCM) auf kleine und mittelständische Unternehmen bietet Potenziale in der Breitenwirkung. Zudem könnten neue Institutionen wie z. B. ein „Rat für resiliente Zukünfte“ für öffentliche Sensibilisierung sorgen.
Zukunftsgerichtete Resilienzpolitik denkt wirtschaftliche und gesellschaftliche Stabilität nicht getrennt von technologischer Offenheit, Fehlerkultur und Diversifizierung. Resilienz ist damit nicht Rückzug, sondern ein strategisches Prinzip für Innovationsfähigkeit unter Unsicherheit. Resilienz zu erlangen, ist weder einfach noch günstig, aber eine Voraussetzung, um die nächste Krise nicht nur zu überstehen, sondern zukunftsfähig aus ihr hervorzugehen.
#1 „Appreciation of Wisdom“-Kultur
von IRÈNE KILUBI
Das Problem
Der demografische Wandel und der Fachkräftemangel führen zu einem Verlust von Erfahrungswissen und Innovationskraft in Unternehmen. Altersdiskriminierung, Stereotypen und fehlende generationenübergreifende Zusammenarbeit verhindern, dass Unternehmen das Potenzial altersdiverser Teams voll ausschöpfen.
Die Innovation
Eine „Appreciation of Wisdom“-Kultur fördert den generationenübergreifenden Austausch und die Wertschätzung von Erfahrungswissen. Durch gezielte Programme wie Mentoring, Reverse Mentoring, Tandemarbeit und generationenübergreifende Projekte werden Vorurteile abgebaut und der Wissenstransfer wird institutionalisiert.
Das Ziel
Stärkung der Innovationskraft und Wettbewerbsfähigkeit durch generationsübergreifende Zusammenarbeit.
Die Maßnahmen
Unternehmen (HR, Führungskräfte)
Einführung von Mentoring- und Reverse-Mentoring-Programmen
Schaffung von Anreizsystemen für generationenübergreifende Zusammenarbeit
Förderung generationenübergreifender Projektteams
Sensibilisierungstrainings und Diversity-Workshops
Forschungseinrichtungen und Weiterbildungsträger
Entwicklung und Evaluation von Programmen zur Förderung von Age Diversity
Bereitstellung von Best Practices und Studien
Durchführung von Workshops und Trainings
Verbände
Öffentlichkeitsarbeit für altersdiverse Unternehmenskulturen
Beratung und Unterstützung bei der Einführung von Austauschformaten
Initiativen für generationenübergreifende Freizeit- und Lernangebote
Politik und Sozialpartner
Förderung von Programmen zur Altersdiversität durch Fördermittel
Entwicklung von gesetzlichen Rahmenbedingungen gegen Altersdiskriminierung
Unterstützung von Pilotprojekten in öffentlichen Einrichtungen
Die Anwendungsbereiche
Wissensmanagement, Diversity und Inclusion, Altersdiversität, Unternehmenskultur
#2 Business Continuity Management für alle
Das Problem
Die Sicherstellung der Betriebsfähigkeit bei externen Schocks ist eine grundlegende Herausforderung für ein resilientes Wirtschaftssystem. Kleine und mittlere Unternehmen (KMU), die das Rückgrat dieses Systems bilden, verfügen jedoch selten über etablierte Prozesse und Ressourcen zur Sicherung ihrer Betriebsfähigkeit in Krisenfällen, z. B. bei neuralgischen Abhängigkeiten in Lieferketten.
Die Innovation
Die flächendeckende Anwendung und Etablierung von Business Continuity Management (BCM*)-Methoden und -Prozessen. Dies erfordert möglicherweise angepasste Ansätze und Unterstützungsangebote auch für kleine und mittlere Unternehmen.
Das Ziel
Sicherstellung der Betriebsfähigkeit bei externen Schocks für Unternehmen aller Größen und somit die Widerstandsfähigkeit der gesamten Volkswirtschaft erhöhen.
Die Maßnahmen
BCM ist ein etabliertes Instrument zur Sicherstellung der Betriebsfähigkeit. Die Herausforderung liegt in der skalierbaren Ausweitung auf eine Vielzahl von Unternehmen, die unterschiedliche Bedürfnisse und Ressourcen haben.
Wirtschaft und Verbände
Entwicklung und Bereitstellung von einfachen und praktikablen BCM-Frameworks und -Tools für KMU
Schaffung von Anreizen oder Unterstützungsprogrammen für die Implementierung von BCM
Sensibilisierung und Schulung von KMU-Verantwortlichen
Die Anwendungsbereiche
KMU, Verbände, Handelskammern
* Betriebskontinuitätsmanagement oder Business Continuity Management bezeichnet in der Betriebswirtschaftslehre die Entwicklung von Strategien, Plänen und Handlungen, um Tätigkeiten oder Prozesse, deren Unterbrechung der Organisation ernsthafte Schäden oder vernichtende Verluste zufügen würden (etwa Betriebsstörungen), zu schützen bzw. alternative Abläufe zu ermöglichen.
#3 Geopolitisches Resilienzsystem
von VIKTORIA HACKENBERG & BRITTA JACOB & LAURA KRUG & SIMON VAUT
Das Problem
Unternehmen, Behörden und kritische Infrastrukturen stehen heute vor einer zunehmend fragmentierten und unsicheren geopolitischen Weltlage. Globale Lieferketten, internationale Geschäftsmodelle und politische Abhängigkeiten machen Organisationen anfällig für geopolitische Risiken. Bisherige Reaktionen auf solche Risiken sind oft ad hoc, informell und nicht systematisch. Es fehlen institutionalisierte Prozesse zur Analyse, Bewertung und Bewältigung geopolitischer Risiken sowie eine koordinierte Abstimmung zwischen Wirtschaft, Politik und Behörden.
Die Innovation
Das geopolitische Resilienzsystem integriert vier Elemente:
Institutionalisierte geopolitische Risikoanalysen und Foresight-Prozesse in Unternehmen ermöglichen vorausschauende Planung und Anpassung der Geschäftsstrategie. Geopolitical Intelligence Hubs bündeln Expertise aus Strategy, Risk Management und Public Affairs
Regelmäßige, simulationsbasierte Stresstests sind strukturierte Prüfungen, mit denen Organisationen ihre Krisenfestigkeit und Anpassungsfähigkeit unter Realbedingungen testen und Verbesserungsmaßnahmen ableiten können
Institutionalisierter geopolitischer Dialog mit Unternehmensentscheider:innen, Politik, Expert:innen und Sicherheitsbehörden
Formelle Gremien, beraten Bundesregierung und Wirtschaft, analysieren Risiken und erarbeiten Strategien.
Das Ziel
Stärkung der geopolitischen Resilienz und Wettbe-
werbsfähigkeit von Wirtschaft und Staat.
Die Maßnahmen
Politik
Förderung sektorübergreifender Stresstests kritischer Infrastrukturen
Bereitstellung von Szenarienanalysen und Frühwarnsystemen
Einrichtung eines Dialogformats
Regelmäßige Berichte und Debatten im Bundestag und Bundesrat
Entwicklung von Strategien für Sicherheit und Resilienz
Unternehmen und Wirtschaftsverbände
Aufbau von Geopolitical Intelligence Hubs zur systematischen Analyse geopolitischer Entwicklungen
Teilnahme an regelmäßigen Stresstests für verschiedene Krisenszenarien
Integration geopolitischer Risiken in Risikomanagementsysteme
Beteiligung am institutionalisierten geopolitischen Dialogformat mit Politik und Behörden
Umsetzung von Handlungsempfehlungen aus dem Dialog
Schulungen für Führungskräfte zur Sensibilisierung
Sicherheitsbehörden:
Analyse geopolitischer Risiken und Trends
Entwicklung von Szenarien und Beratungsangeboten
Unterstützung bei der Ausarbeitung von Empfehlungen
Forschungseinrichtungen:
Methoden- und Toolentwicklung für Risikoanalysen und Stresstests
Unterstützung bei Implementierung und Auswertung von Maßnahmen
Durchführung von Trainings und Workshops für Unternehmen und Behörden
Evaluation der Wirksamkeit bestehender Resilienzmechanismen
Die Anwendungsbereiche
Risiko-/Krisenmanagement, Resilienzstärkung, Unternehmensstrategie, internationale Geschäftsmodelle, strategischer Dialog zwischen Wirtschaft und Politik
#4 Individuelle Resilienz stärkt unternehmerische Anpassungsfähigkeit und gesellschaftliche Stabilität
Das Problem
Die Polykrise erfordert psychisch widerstandsfähige Individuen. Menschen aus allen sozialen und gesellschaftlichen Milieus fühlen sich zunehmend überfordert, ohnmächtig oder resignieren schlichtweg. Chronischer Stress und mentale Erschöpfung schwächen aber nicht nur das persönliche Wohlbefinden, sondern auch die Innovationskraft und Anpassungsfähigkeit der gesamten Wirtschaft. Wer sich in Krisen als handlungs-, anpassungs- und widerstandsfähig erlebt, bleibt offen für Wandel und Innovation.
Die Innovation
Achtsamkeitsprogramme, Coaching, Fehlerfreundlichkeit und gesundheitsfördernde Arbeitsumfelder sind in vielen Unternehmen schon Realität, sind allerdings noch nicht hinreichend verbreitet. Diese resilienzfördernde Vorsorge reduziert Ausfallzeiten, stärkt Teamdynamik und fördert Innovationskultur. Diese unternehmerischen Initiativen können dem Staat zudem als Vorbild und Argument dienen, um strukturelle Förderprogramme aufzusetzen, um so gesellschaftliche Impulse zu setzen.
Das Ziel
Die Stärkung individueller Widerstandskraft, um Fachkräfte, Innovationsbereitschaft und soziales Miteinander zu sichern.
Die Maßnahmen
Unternehmen (HR, Führungskräfte):
Integration von Resilienztrainings in Onboarding und Weiterbildungsprogrammen
Coaching zur Stressbewältigung und Selbstführung
Leadership-Entwicklung mit Fokus auf psychologische Sicherheit im Team und Unternehmen
Aufbau resilienter Unternehmenskulturen durch z. B. Fehlerfreundlichkeit, Empowerment, Agilität
Aufbau öffentlich sichtbarer Best Practices zur Inspiration anderer Unternehmen und als Impuls für politische Förderung
Bildungseinrichtungen und Weiterbildungsträger:
Curriculare Verankerung von Resilienzkompetenzen in Schulen, Hochschulen und Berufsausbildung
Entwicklung modularer Programme zu Achtsamkeit, Emotionsregulation, Problemlösung und Selbstwirksamkeit
Forschung zur Wirkung und Erfolgsfaktoren individueller Resilienzförderung
Gesundheitswesen und Sozialpartner:
Präventionsprogramme im Bereich Mental Health (z. B. Krankenkassen)
Förderung niederschwelliger digitaler Angebote (z. B. Mental Health Apps)
Politik und Zivilgesellschaft:
Nationale Strategie für psychische Resilienz (vertiefend/analog zur Gesundheitsstrategie)
Durchführung von „Resilienz-Awareness“-Tagen durch Bundesministerien
Unterstützung von Pilotprojekten in Kommunen, z. B. „Resilienzschulen“ oder „Resilienzkompetenzzentren“
Die Anwendungsbereiche
Gesundheitsförderung, Personalentwicklung, Sozialpolitik, Fachkräftesicherung, psychische Gesundheit, Transformation
#5 Innovationsfreundliche Schulbildung
Das Problem
Das deutsche Bildungssystem, insbesondere das schulische, belohnt kein innovatives Denken, fördert seine Talente nicht systematisch und erschwert die Integration internationaler Fachkräfte in den Arbeitsmarkt und die Lehre.
Die Innovation
Eine innovationsfreundliche Schulbildung setzt auf Talentförderung, praxisnahe Lernformate und frühe Vernetzung mit Wirtschaft und Wissenschaft. Sie fördert Kreativität, Problemlösungskompetenz und unternehmerisches Denken – unabhängig von Herkunft und Geschlecht.
Das Ziel
Aufbau einer innovationsorientierten Gesellschaft durch frühzeitige, zeitgemäße und inklusive Talentförderung.
Die Maßnahmen
Bildungspolitik und Schulbehörden:
Entwicklung und Implementierung innovationsfreundlicher Lehrpläne
Förderung von MINT-Fächern, Kreativitäts- und Entrepreneurship-Programmen
Ermöglichung von Einbürgerung nach Ausbildung
Schulen und Lehrkräfte:
Einführung projektbasierter Lernformate
Kooperationen mit Unternehmen, Startups und Hochschulen
Talentförderungsprogramme und individuelle Begleitung
Unternehmen und Startups:
Bereitstellung von Praktika, Mentoring und Projekten für Schüler:innen
Unterstützung von Schulprojekten und Wettbewerben
Förderung von Gründer:innen und Diversität
Zivilgesellschaft und NGOs:
Initiativen für außerschulische Talentförderung
Sensibilisierung für Innovationskultur
Die Anwendungsbereiche
Bildungssystem, Talentförderung, Innovationskultur, Integration internationaler Fachkräfte
#6 Innovationsreportings
Das Problem
Innovationsfortschritte in Unternehmen werden oft nicht systematisch erfasst, bewertet oder gesteuert. Fehlende Transparenz und mangelnde Zielorientierung erschweren die strategische Innovationsentwicklung und führen zu Ineffizienzen.
Die Innovation
Innovationsreportings sind strukturierte, regelmäßige Berichte, die den Fortschritt und die Wirkung von Innovationsaktivitäten messen. Sie orientieren sich an der wirtschaftlichen Mission, definieren klare Ziele und machen Innovationsleistungen sichtbar, ohne unnötige Bürokratie zu schaffen.
Das Ziel
Systematische Steuerung und Erhöhung der Innovationsleistung von Unternehmen.
Die Maßnahmen
Unternehmensführung und Innovationsmanagement:
Entwicklung standardisierter Innovationsreportings
Verknüpfung mit Unternehmenszielen und -strategie
Integration von Innovationskennzahlen in das Reporting
Schulung von Mitarbeiter:innen im Umgang mit Innovationsreportings
Forschung und Beratung:
Entwicklung von Methoden und Tools für Innovationsreporting
Beratung bei der Implementierung und Weiterentwicklung
Durchführung von Studien zur Wirkung von Reportings
Verbände und Politik:
Entwicklung von Leitfäden und Best Practices
Förderung von Austauschformaten zu Innovationsreporting
Unterstützung bei der Standardisierung
Die Anwendungsbereiche
Innovationscontrolling, Unternehmenssteuerung, Transparenz, Strategische Resilienz
#7 Wirtschaftliche Notfallkonzepte auf kommunaler Ebene
von JAN-DAVID BLAESE
Das Problem
Nicht jede Kommune in Deutschland verfügt über ein aktuelles Notfallkonzept bei Ausfällen der kritischen Infrastruktur. Zudem fehlt es an Vorbereitungen, die sicherstellen, dass die lokale Wirtschaft auch in Notfallsituationen möglichst gut weiter funktioniert.
Die Innovation
Gemeinsame Vereinbarung der kommunalen Spitzenverbände, dass jede Kommune ein aktuelles und belastbares wirtschaftliches Notfallkonzept aufweisen sollte, das beide Problemstellungen adressiert. Eine Datenerhebung klärt, welche Kommunen das betrifft bzw. welche Informationen noch fehlen. Zielvereinbarungen definieren, bis wann die Lücken geschlossen werden. Eine fortlaufende Aktualisierung stellt sicher, dass die Konzepte nicht veralten und somit im Ernstfall wirkungsarm werden.
Das Ziel
Jede Kommune in Deutschland verfügt über ein aktuelles wirtschaftliches Notfallkonzept.
Die Maßnahmen
Zusammenbringen der kommunalen Interessenvertretungen und Einigung auf Grundlagen zu aktuellen Notfallkonzepten
Einbezug von Politik und Verwaltung, um breite Akzeptanz und Mitwirkung zu schaffen
Einbezug des Rats für resiliente Zukünfte zur Ableitung und Nutzung von Best Practices
Festlegung der Parameter für die Datenerhebung
Schulungen und Seminare zur Befähigung lokaler Akteure im Sinne des Konzepts
Die Anwendungsbereiche
Kommunen in Deutschland
#8 KI-gestützte Frühwarnsysteme für ökologische Risiken
von VÉRANE MEYER
Das Problem
Ökologische Risiken wie Waldbrände, Überschwemmungen oder andere Naturkatastrophen verursachen erhebliche Schäden für Umwelt, Wirtschaft und Gesellschaft. Die frühzeitige Erkennung solcher Risiken ist bislang oft unzureichend, da klassische Überwachungs- und Prognosesysteme an ihre Grenzen stoßen.
Die Innovation
KI-gestützte Frühwarnsysteme nutzen maschinelles Lernen und die Analyse großer Datenmengen (z. B. Satellitendaten, Wetterdaten, Sensordaten), um ökologische Risiken frühzeitig zu erkennen und präzise Prognosen zu erstellen. So können beispielsweise Waldbrände schneller detektiert und deren Ausbreitung vorhergesagt werden. Die Systeme ermöglichen es, gezielt und rechtzeitig Gegenmaßnahmen einzuleiten. Auch die Prognose von Naturkatastrophen wie Überschwemmungen oder Dürren wird durch den Einsatz von KI deutlich verbessert.
Das Ziel
Frühzeitige Identifikation und Minimierung ökologischer Risiken und Gefahren für die Bevölkerung
Reduktion von CO₂-Emissionen
Präzisere Klimavorhersagen und bessere Vorbereitung auf Naturkatastrophen
Schutz von Ökosystemen und Förderung nachhaltiger Entwicklung
Die Maßnahmen
Forschungseinrichtungen und Universitäten:
Entwicklung neuer Algorithmen für die Risikoerkennung
Durchführung von Pilotprojekten und Feldstudien
Bereitstellung von Open-Source-Daten und Modellen
Interdisziplinäre Zusammenarbeit mit Umweltwissenschaften und Technik
Öffentliche Verwaltung und Behörden:
Schaffung rechtlicher Rahmenbedingungen für den KI-Einsatz
Förderung von Forschungs- und Pilotprojekten
Integration der Systeme in Katastrophenschutz und Umweltüberwachung
Sicherstellung von Datenschutz und ethischen Standards
Zivilgesellschaft und NGOs:
Beteiligung an der Datenerhebung (Citizen Science)
Sensibilisierung der Öffentlichkeit für ökologische Risiken
Mitwirkung bei der Entwicklung und Bewertung von Frühwarnsystemen
Sicherstellung von Transparenz und Nachvollziehbarkeit
Die Anwendungsbereiche
Umweltmonitoring, Katastrophenschutz, Klimaanpassung, Risikoprävention
#9 Rat für resiliente Zukünfte
Das Problem
Die Komplexität des Resilienzbegriffs und die Notwendigkeit, neben kurzfristigen Kosten auch langfristige Tragfähigkeit zu berücksichtigen, erfordern spezialisierte Expertise und strategische Beratung. Oftmals mangelt es Unternehmen und politischen Entscheidungsträgern an einem ganzheitlichen Verständnis von Resilienz, zudem besteht häufig eine „Vollkasko-Erwartungshaltung“ gegenüber der Politik. Diese ist wiederum oft nicht in der Lage (oder willens), verschiedene Szenarien abzusichern und schlimmstenfalls Schäden zu kompensieren.
Die Innovation
Die Schaffung einer neuen Institution, z. B. als „Rat für resiliente Zukünfte“, oder die substanzielle Erweiterung bestehender Beratungsgremien mit einem spezifischen Fokus auf Resilienz. Dieses Gremium würde eine systematische, unabhängige und interdisziplinäre Analyse und strategische Beratung zur Resilienz von Staat, Wirtschaft und Gesellschaft leisten.
Das Ziel
Strategische Beratung der politischen Entscheidungsträger:innen zur Stärkung der Resilienz auf allen relevanten Ebenen. Beitrag zur Entwicklung eines gemeinsamen Verständnisses von Risiken und Chancen sowie zur Förderung eines Mindset-Wandels auch auf gesellschaftlicher Ebene.
Die Maßnahmen
Die grundlegende Konzeption ist an das Modell des Sachverständigenrats angelehnt. Ein klares Mandat sichert die Unabhängigkeit des (neuen oder erweiterten) Gremiums. Darüber hinaus braucht es:
Schaffung eines neuen Gremiums oder Integration der Resilienz-Expertise in bestehende Strukturen.
Entwicklung von Methoden und Instrumenten zur Analyse und Bewertung von Resilienz (z. B. Nutzung des „Resilienzradars“, Erarbeitung Re-gister für europäische Alternativen).
Erarbeitung von regelmäßigen Berichten und Empfehlungen an die Politik, ggf. durch Sondergutachten
Vernetzung und Einbringen der Expertise auf internationaler und europäischer Ebene
Erarbeitung von Handlungsempfehlungen für Bürger:innen im Sinne der Selbstbefähigung
Die Anwendungsbereiche
Politische Entscheidungsebene auf nationaler und potenziell europäischer Ebene, um strategische Entscheidungen zur Resilienzgestaltung zu informieren.
#10 Resilienzradar
Das Problem
In Unternehmen muss ein stärkeres Bewusstsein über Schwachstellen und Vulnerabilitäten in Prozessen, Lieferketten und Absatzmärkten geschaffen und mit einem praxisnahen Tool hinterlegt werden. Resilienz wird oft erst dann zum Thema, wenn eine Krise eingetreten ist. In Zeiten sich überlagernder Krisensituationen ist ein systematisches und kontinuierliches Erfassen von potenziellen Risiken notwendig.
Die Innovation
Das Resilienzradar ist ein mehrdimensionales Instrument zur systematischen Erfassung und Bewertung von Faktoren, die kritisch für die Resilienz sind. Es dient dem frühzeitigen Screening von Abhängigkeiten und Schwachstellen sowie als Basis für strategische Entscheidungen zum Umgang mit identifizierten Abhängigkeiten – sowohl in Bezug auf Wirtschafts- als auch auf staatliche Akteure.
Das Ziel
Ein umfassendes Bild des aktuell gegebenen Resilienzgrads erhalten. Schwachstellen und Abhängigkeiten frühzeitig erkennen und gezielt Maßnahmen zur Stärkung der Widerstandsfähigkeit entwickeln, indem bestehende Alternativen identifiziert werden oder die Entwicklung neuer Lösungen dort angestoßen wird, wo Angebotslücken bestehen.
Die Maßnahmen
Aufbau und Betrieb eines Resilienzradars mit den Dimensionen Staat, Wirtschaft und ggf. Gesellschaft inkl. jeweils zu betrachtender Kategorien
Bewertung von Transparenzanforderungen für die verschiedenen Dimensionen
Erarbeitung eines Leitfadens zur Abhängigkeitsbewertung
Aufbau eines Registers/Katalogs für (europäische) Alternativen, um diese später mit Resilienzbedürfnissen zu matchen
Prüfung der Rolle staatlicher Beschaffung zur Stärkung digitaler Souveränität (z. B. ZENDIS als Anknüpfungspunkt)
Strategische Entscheidung zum Umgang mit Abhängigkeiten
Identifizierung von Leerstellen und Handlungsbedarfen im Sinne der Resilienz
Kontinuierliche Beobachtung zur Registrierung von Risiken und Opportunitäten. Kann in Zusammenhang mit Stresstests genutzt werden.
Die Anwendungsbereiche
Langfristige Unternehmensplanung, Außen- und Wirtschaftspolitik, Kritische Infrastruktur, Foresight
#11 Reverse Mentoring
Das Problem
Hierarchische Strukturen und fehlender Austausch zwischen Generationen und Hierarchieebenen führen zu Wissenslücken, Innovationshemmnissen und geringer Diversität in Unternehmen.
Die Innovation
Reverse Mentoring etabliert einen strukturierten Austausch, bei dem jüngere oder weniger erfahrene Mitarbeiter:innen gezielt Führungskräfte oder erfahrene Kolleg:innen in neuen Kompetenzen (z. B. Digitalisierung, Diversity) schulen. Gleichzeitig profitieren die Jüngeren vom Erfahrungswissen der Älteren.
Das Ziel
Förderung von Diversität, Innovationsfähigkeit und Wissensaustausch in Unternehmen.
Die Maßnahmen
Unternehmen (insb. HR und Diversity Management):
Einführung von Reverse Monitoring/Mentoring-Programmen
Auswahl und Schulung geeigneter Tandems
Verankerung des Formats in der Unternehmenskultur
Evaluation und kontinuierliche Anpassung
Weiterbildungsanbieter und Coaches:
Entwicklung von Trainings und Methoden für Reverse Monitoring
Begleitung und Moderation der Programme
Bereitstellung von Materialien und Tools
Zivilgesellschaft und Verbände:
Sensibilisierung für die Vorteile von Reverse Monitoring
Unterstützung bei der Implementierung in Unternehmen
Austausch von Best Practices
Die Anwendungsbereiche
Wissensaustausch, Diversity, Unternehmenskultur, Nachwuchsförderung
#12 Resilienz-Stresstests für systemkritische Institutionen des Wirtschaftssystems
Das Problem
Es ist oft unklar, welche Institutionen aus wirtschaftlicher Sicht resilient gemacht werden müssen und in welche Prozesse diese eingebunden sind. Die Unkalkulierbarkeit von Krisenfällen erfordert eine möglichst breite Betrachtung der potenziellen systemrelevanten Knotenpunkte. Schwachstellen müssen dabei früh identifiziert und kontinuierlich bewertet werden.
Die Innovation
Die systematische Durchführung von Stresstests für Institutionen jenseits der bisher üblichen Branchen (z. B. Banken), die für die wirtschaftliche Betriebsfähigkeit kritisch sind.
Das Ziel
Klarheit über die zentralen Faktoren und Institutionen für wirtschaftliche Resilienz und deren eigene Resilienz. Schwachstellen und Anfälligkeiten aufdecken, um gezielte Maßnahmen zur Stärkung der Widerstandsfähigkeit ableiten zu können.
Die Maßnahmen
Konzeption und Durchführung von Resilienz-spezifischen Stresstests
Bewertung der Notwendigkeit verpflichtender Stresstests.
Analyse der Ergebnisse und Ableitung konkreter Handlungsempfehlungen für die betroffenen Institutionen
„Red teaming“, also realitätsnahe Proben auf Exempel
Die Anwendungsbereiche
Unternehmen, Verbände, Kritische Infrastruktur, öffentliche Daseinsvorsorge
#13 Trend- und Wissenskooperation mit KMU-Fokus
von JANA FINGERHUT
Das Problem
KMU fehlt häufig der Zugang zu aktuellem Wissen über Trends, Kompetenzen und Weiterbildungsbedarfe. Einzelne Unternehmen können aus Kapazitätsgründen nicht alle relevanten Entwicklungen abdecken, was zu Wettbewerbsnachteilen führt.
Die Innovation
Trend- und Wissenskooperationen sind Netzwerke von Unternehmen und Branchenverbänden, die aktiv Wissen austauschen, gemeinsam Trends analysieren und Weiterbildungsangebote entwickeln.
Das Ziel
Steigerung der Innovations- und Wettbewerbsfähigkeit durch kollektiven Wissensaustausch.
Die Maßnahmen
Unternehmen und Branchenverbände:
Aufbau und Pflege von Wissenskooperationen
Gemeinsame Entwicklung von Trendanalysen und Weiterbildungsangeboten
Austausch von Best Practices und Erfahrungen
Weiterbildungsanbieter und Forschungseinrichtungen:
Entwicklung und Bereitstellung passender Lernformate
Durchführung von Studien zu Kompetenztrends
Unterstützung bei der Evaluation der Kooperationen
Politik und Förderinstitutionen:
Förderung von Netzwerken und Kooperationen
Bereitstellung von Fördermitteln für gemeinsame Projekte
Entwicklung von Leitfäden zur Zusammenarbeit
Die Anwendungsbereiche
Wissensaustausch, Weiterbildung, Innovationsfähigkeit, Netzwerkbildung