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Jungen Gründer:innen Spielräume schaffen
Für die Innovationskraft der deutschen Wirtschaft sind mutige junge Gründer:innen entscheidend. Doch in Deutschland gründen nur 11 Prozent der Menschen unter 24 Jahren ein eigenes Unternehmen. Dabei kann es sich fast jeder zweite junge Mensch vorstellen. Individuelle Barrieren wie mangelndes Vertrauen in die eigenen Kompetenzen, Unsicherheit und erwarteter Stress tragen zu dieser großen Gründungslücke bei. Allerdings können staatliche und nicht staatliche Förder- und Unterstützungsmaßnahmen die Attraktivität und Wahrscheinlichkeit von Gründungen erhöhen.
Wie mehr junge Menschen in Deutschland gründen
Die Bertelsmann Stiftung, Joachim Herz Stiftung, Körber-Stiftung, das RKW-Kompetenzzentrum und das Young Founders Network haben gemeinsam untersucht, wie junge Gründer:innen besser unterstützt werden können. Junge Menschen sind technologieaffin, unvoreingenommen und oft auch an Nachhaltigkeit interessiert. Die junge Generation in ihrer Innovationskraft zu fördern, ist für die Zukunft Deutschlands unerlässlich. Der Young Founders Monitor von Bertelsmann Stiftung und Partnern zeigt, dass die Attraktivität, ein Unternehmen zu gründen zielgerichtete Unterstützungsangebote, wie beispielsweise Startup-Grundsicherung, erleichterten Zugang zu Wagniskapital, Förderung von Vernetzungsmöglichkeiten und -Programme steigen kann.
Bei jungem Gründen ist noch Luft nach oben – Zahlen, Potenziale, Herausforderungen
Die Gründungsaktivität bei jungen Menschen im Alter von 18 bis 24 Jahren ist im internationalen Vergleich niedrig und sollte ausgebaut werden. In Ländern wie den Niederlanden und den USA gründen im Schnitt jedoch etwa doppelt so viele junge Menschen ein Unternehmen. Und während in vielen Ländern die bis 24-Jährigen die gründungsstärkste Kohorte darstellt, sind es in Deutschland vor allem Menschenzwischen 25 und 34 Jahren, die am häufigsten gründen. Um Innovationskraft zu stärken und Wohlstand in Deutschland zu sichern besteht gerade bei jungen Gründer:innen Nachholbedarf.
Gründungsquote – TEA-(Total early-stage Entrepreneurial Activity)-Quote – in ausgewählten GEM-Ländern nach Altersgruppen 2023

Von den jungen Menschen, die sich nicht vorstellen können zu gründen, führt dies etwa jede:r Vierte auf fehlendes Zutrauen in die eigenen Kompetenzen und eine damit verbundene Unsicherheit oder fehlende Erfahrung zurück. Weitere Barrieren sind fehlendes Wissen (20,31 %) und fehlendes Kapital (3,92 %). Jede:r Sechste (17,46 %) empfindet Gründen, und den damit verbundenen Zeitaufwand, als zu stressig. Somit sind die Barrieren für die Vorstellungskraft bezüglich einer Gründung: Unsicherheit, fehlendes Zutrauen, Wissen und Angst vor Stress.
Gründungsbarrieren junger Menschen in Deutschland

Von Nascent-Entrepreneur:innen zu Gründer:innen
In Deutschland können sich viele junge Menschen eine Gründung vorstellen. Ein kleinerer Teil von ihnen befasst sich bereits aktiv mit einer Gründung. Diese jungen Menschen sind somit sogenannte „Nascent-Entrepreneur:innen“, denn sie haben bereits erste Schritte unternommen, die Gründung jedoch formal noch nicht abgeschlossen. Die Quote der Nascent-Entrepreneurinnen ist bei den 18- bis 24-Jährigen mit 5 bis 10 Prozent höher als die der Young-Entrepreneur:innen, also Personen, die während der letzten dreieinhalb Jahre ein Unternehmen gegründet haben. Die Quote bei dieser Gruppe lag laut GEM in den letzten fünf Jahren zwischen 1 und 6 Prozent.
Junge Menschen mit Migrationsbezug gründen häufiger
Auch bei der Gruppe der jungen Menschen ist das Gründungsverhalten abhängig von verschiedenen Faktoren, wie etwa dem sozialen Hintergrund, dem unternehmerischen Erfolg ihrer Eltern, elterlichen Vorbildern und familiärer Unterstützung, dem Geschlecht oder vorhandenem Migrationsbezug. Besonders junge Menschen mit Migrationsbezug zeigen eine hohe Gründungsaktivität. Die Gründungsquote dieser Gruppe war von 2010 bis 2023 (außer 2018) höher als bei Menschen ohne Migrationsbezug. Männer mit Migrationsbezug im Alter von 18 bis 24 Jahren hatten 2023 mit über 37 Prozent die höchste Gründungsquote.
Mehr Mut zu Innovation
Ein Vorteil vieler junger Menschen ist, dass sie weniger Angst vor dem Scheitern haben und risikobereiter sind als ältere. Nur 20 Prozent der 18- bis 24-Jährigen gaben an, dass die Angst vor dem Scheitern sie von einer Gründung abhalten würde, im Vergleich zu 45 Prozent der 45- bis 54-Jährigen. Innovationen sind bei jungen Gründer:innen häufiger und sie nutzen digitale Technologien intensiver. Sie zeichnen sich auch durch eine größere Internationalisierung der Geschäftsmodelle aus.
Potenziale für ein gründungsförderndes Ökosystem für junge Menschen
Obwohl junge Menschen einige Vorteile auf ihrer Seite haben, beispielsweise die höhere Risikobereitschaft und eine häufig höhere Technologieaffinität – sind die Barrieren für sie, zu gründen ungleich höher als für Ältere. Im Kern stellt sich deshalb die Frage, wie jungen Menschen eine Gründung besser ermöglicht werden kann bzw. welche Rahmenbedingungen wie modifiziert werden müssten. Auch haben verschiedene Maßnahmen unterschiedliche Effekte auf die jeweiligen Zielgruppen.
1. Startup-Grundsicherung für junge Menschen ausbauen
Bei diesem Ansatz ist es von Vorteil, dass vereinzelte Programme auf Bundesebene junge Menschen zwar nicht explizit als Zielgruppe in den Blick nehmen, aber in diese Richtung ausbaufähig wären. Gute Beispiele hierfür sind das „EXIST-Gründungsstipendium“, an dem die Bundesregierung laut Koalitionsvertrag weiterhin festhalten möchte, aber auch das „Gründungsstipendium.NRW“, das eine monatliche Förderung von 1.200 Euro für die Dauer von bis zu einem Jahr für angehende Gründer:innen zur Verfügung stellt. Weitere Beispiele sind der „Gründungszuschuss der Bundesagentur für Arbeit, sowie einige Programme auf Landesebene. Solche Unterstützungsmaßnahmen sind insbesondere für Gründungsinteressierte und Neugründer:innen entscheidend.
Handlungsempfehlung
2. Zugang zu Wagniskapital verbessern
Den Zugang zu Wagniskapital auch für junge Menschen öffnen, ist eine weitere wichtige Unterstützungsmaßnahme. Zu nennen ist hier vor allem der „Zukunftsfonds“ des Bundes, der den Kapitalzugang insbesondere für Startups, in Künstlicher Intelligenz (KI), Klima-, Quanten- und Biotechnologie zu erleichtern, an dem auch die künftige Bundesregierung richtigerweise festhalten möchte. Aber auch das Programm „INVEST – Zuschuss für Wagniskapital“, das Startups mit Investor:innen und Business Angels vernetzen soll und Zuschüsse bis zu 15 Prozent bei Investitionen bietet, lässt sich als Maßnahme für besseren Zugang zu Wagniskapital nennen. Hinzu kommen technologiespezifische Unterstützungsmaßnahmen, wie der „High-Tech Gründerfonds“ (HTGF), oder unterstützende Institutionen, wie die „KfW Capital“. Diese Maßnahmen sind potenziell sinnvolle Beimischungen in einem „Wagniskapital-Mix“, welcher in jedem Fall auch auf professionelle Investmentpartner:innen (z. B. Business Angels oder VC-Fonds) bauen sollte. Für junge Gründer:innen mit Migrationsbezug spielt der Zugang zu Wagniskapital eine besonders wichtige Rolle.
Handlungsempfehlung
3. Vernetzungsmöglichkeiten junger Gründungsinteressierter fördern
Netzwerke älterer Unternehmer:innen sind oft größer und vielfältiger. Die Förderung von Vernetzungsmöglichkeiten ist bereits seit Jahren eine sowohl von der Wirtschaft als auch Inkubatoren und Acceleratoren fest etablierte Maßnahme, die auch in Kombination mit finanzieller Förderung, etwa dem EXIST-Programm, stark verbreitet ist. Demnach gibt es hier bereits eine Fülle existierender Ansatzpunkte. Ein Fokus sollte hier auf der Förderung der Vernetzung von jungen Gründungsinteressierten und jungen Gründer:innen liegen. Exemplarisch sind hier beispielsweise das Young Founders Network zu nennen. Aber auch andere Förderprogramme könnten zur besseren Vernetzung junger Gründer:innen und Gründungsinteressierter beitragen, z. B. das Starthub Programm der Körber Stiftung oder die Entrepreneurship Programme für Schulen von IWJunior. Auch für Mentoring-Programme gibt es einige gute Beispiele wie EXIST Coaching. Der Young Founders Monitor zeigt: Besonders junge Menschen mit Migrationsbezug können von mehr Netzwerken profitieren.
Handlungsempfehlung
4. Dreiklang: berücksichtigen, kommunizieren und priorisieren
Um das Gründungsgeschehen junger Menschen in Deutschland zu fördern, kann durch den Dreiklang aus einer stärkeren Berücksichtigung, zielgruppenorientierteren Kommunikation und Priorisierung von Maßnahmen viel erreicht werden. So sollten die Bedarfe junger, gründungsinteressierter Menschen von politischen Entscheider:innen im Hinblick auf die Erarbeitung von Unterstützungsmaßnahmen insgesamt stärker berücksichtigt werden. Zum einen durch Forschung im Feld Youth Entrepreneurship und zum anderen durch die Konzeption und Umsetzung effizienter Unterstützungsmaßnahmen. Hierbei gilt es allerdings auch, bereits existierende Gründungsbarrieren junger Menschen zu berücksichtigen, wie beispielsweise mangelndes Zutrauen in die eigenen Fähigkeiten, um maßgeschneiderte Förderungs- und Unterstützungsmaßnahmen anzubieten.
Handlungsempfehlung
Zum weiterlesen
[1] Andrade, Ivo, Tobias Bürger, Jens Schüler, Matthias Baum, Natalia Gorynia, Armin Baharian und Florian Täube (2024). Young Founders Monitor. Bertelsmann Stiftung.
[2] Bürger, Tobias, Theresa Neto Romeira, Jens Schüler und Ivo Andrade (2024). Gründungsbereitschaft junger Menschen in Deutschland. Bertelsmann Stiftung.
[3] Redford, Dana, Karina Cagarman, Laura von Arnim, Tobias Bürger und Jakob Weber (2023). Pioneering Gen Z Entrepreneurs: Reflections and Policy Considerations.
Weitere Quellen
[4] BMF – Bundesfinanzministerium (2022). „Zukunftsfonds“.
[5] BAFA – Bundesamt für Wirtschaft und Ausfuhrkontrolle (2025). „INVEST – Zuschuss für Wagniskapital“.
[6] BMWK – Bundesministerium für Wirtschaft und Klimaschutz (2024). „Visavergabe für ausländische Gründungsteams deutlich vereinfacht“. Global Certification and Consulting Centre und Exist Startup Germany.
[7] MWIKE NRW – Ministerium für Wirtschaft, Industrie, Klimaschutz und Energie des Landes Nordrhein-Westfalen (2025). „Gründungsstipendium NRW“.
[8] Rachmawan, Ahmad, Ayuand Aprilianti Lizar und Wustari L.H. Mangundjaya (2015). „The role of parent's influence and self-efficiacy on entrepreneurial intention“. The Journal of Developing Areas (49) 3 (Fall 2015). 417–430.
[9] RKW Kompetenzzentrum (2024). „Warum gründen junge Menschen ein Unternehmen?“.
[10] RKW Kompetenzzentrum, und Leibniz Universität Leipzig (2024). Global Entrepreneurship Monitor Unternehmensgründungen im weltweiten Vergleich Infografiken zum Länderbericht Deutschland 2023/24.
[11] Young Founders Network (2025). „Die Community für alle unter 25, die etwas (er-)schaffen wollen.“.
Ansprechpartner
Ivo Andrade
Project Manager
Bildung und Next Generation
Carl-Bertelsmann-Straße 256|33311 Gütersloh|Germany
Telefon: +49 5241 81-81248
E-Mail: ivo.andrade@bertelsmann-stiftung.de
Dr. Tobias Bürger
Senior Project Manager
Bildung und Next Generation
Carl-Bertelsmann-Straße 256|33311 Gütersloh|Germany
Telefon: +49 5241 81-81832
E-Mail: tobias.buerger@bertelsmann-stiftung.de