Auf den Punkt
Passive Umsetzer sind durchaus innovationsoffen, realisieren ihre Innovationsaktivitäten aber vorwiegend in enger Einbindung in übergreifende Wertschöpfungsstrukturen. Der Anteil der Passiven Umsetzer an der gesamten Unternehmenslandschaft schrumpft von 19 auf 15 Prozent. Die Unternehmen entwickeln stärkere Technologie- und Kooperationskompetenzen.
Wer sind die Passiven Umsetzer?
Verglichen mit der Erhebung im Jahr 2019 ist der Anteil der Passiven Umsetzer von 19 auf 15 Prozent zurückgegangen.
Die Unternehmen dieses Milieus stammen vor allem aus den Branchen der Logistik, des Großhandels und der sonstigen Industrie. Damit hat sich eine leichte Schwerpunktverlagerung in Richtung Logistik ergeben, was für eine Ausdifferenzierung des Profils im Bereich der unternehmensnahen Dienstleistungen sprechen könnte.
Hinsichtlich der Größe lässt sich sagen, dass die Unternehmen im Milieu der Passiven Umsetzer im Durchschnitt zwar kleiner geworden sind. Sie beschäftigen heute 41 Beschäftigte gegenüber 45 im Jahr 2019. Damit belegen sie hinsichtlich der durchschnittlichen Unternehmensgröße nun den vorletzten Platz im Milieuvergleich.
Das durchschnittliche Alter hat sich nicht geändert. Die Passiven Umsetzer sind heute wie vor drei Jahren im Schnitt 34 Jahre alt. Da das Gesamtsample jedoch älter ist, bildet das Milieu der Passiven Umsetzer nun die jüngste Gruppe – 2019 lag sie noch auf Platz vier der sieben Milieus.
Der Innovationserfolg der Passiven Umsetzer
Die Passiven Umsetzer geben aktuell an, dass ihre Stellung im Wettbewerb deutlich angreifbarer ist als 2019; die Wettbewerbsintensität hat stark zugenommen. Dieser Herausforderung begegnen die Unternehmen, indem sie einen erheblich größeren Anteil an Innovationsimpulsen von Kunden und Lieferanten erhalten und diese Impulse in Innovationen aller vier Arten umsetzen.
Dies führt dazu, dass der innovative Output der Passiven Umsetzer in allen vier Innovationsarten im Zeitvergleich gestiegen ist. Und der Anteil der Passiven Umsetzer liegt in drei der vier Innovationsarten über dem Durchschnitt aller sieben Milieus, während er im Jahr 2019 in allen Kategorien noch deutlich darunter lag.
Die Passiven Umsetzer bringen vor allem Produktinnovationen hervor. Hier liegt der Anteil der Unternehmen nun bei 50 Prozent und ist damit von 29 Prozent gestiegen, während der Durchschnitt aller Milieus von 45 Prozent auf 41 Prozent gesunken ist.
Bezüglich der Prozess- und Organisationsinnovationen sieht das Bild ähnlich aus: Der Anteil der Passiven Umsetzer, die Prozessinnovationen hervorbringen, stieg von 23 auf nun 41 Prozent. Demgegenüber sank der Durchschnitt von 42 auf 33 Prozent sank. Der Anteil der Unternehmen im Milieu der Passiven Umsetzer mit Organisationsinnovationen stieg von 36 auf 45 Prozent. Auch hier fiel der Durchschnitt aller Unternehmen von 51 auf 43 Prozent.
Bei den Marketinginnovationen hat sich der Anteil der Passiven Umsetzer im Zeitvergleich von 14 auf 23 Prozent erhöht, liegt hier allerdings unter dem Durchschnitt aller Milieus (der sich von 32 auf 27 Prozent verringert hat).
Das Innovationsprofil der Passiven Umsetzer
Jedes Innovative Milieu zeichnet sich durch ein spezifisches Innovationsprofil aus. Denn die Milieus bestehen aus Unternehmen, die ähnliche Schwerpunkte in der Art setzen, wie sie zu Innovationen kommen. Das spezifische Innovationsprofil eines Milieus setzt sich aus den Faktoren zusammen, die die Unternehmen des Milieus bewusst einsetzen, um innovativ zu sein. Dazu gehören etwa die innerbetriebliche Organisation von Innovationsprozessen oder die Offenheit für Kooperationen mit der Wissenschaft. Daneben gibt es weitere Faktoren wie die spezifischen Bedingungen des wettbewerblichen Umfelds, in dem sich die Unternehmen bewegen. Auch dies beeinflusst das innovative Profil der Unternehmen.
Wir haben die Passiven Umsetzer und die Unternehmen der übrigen Milieus detailliert nach allen Faktoren befragt. Aus den Antworten ergibt sich das spezifische Innovationsprofil des jeweiligen Milieus. Zur besseren Verständlichkeit gliedern wir hier in drei Dimensionen: „Stellung im Wettbewerb“, „Vernetzung und Organisation“ sowie „Kultur und Kompetenz“.
Stellung im Wettbewerb
2022 messen die Passiven Umsetzer ihrer Innovationstätigkeit eine höhere Bedeutung zu, was die eigene Positionierung am Markt angeht, als noch 2019. Dies kann mit der deutlich ausgeprägteren Wettbewerbsintensität zusammenhängen, der sich die Passiven Umsetzer heute ausgesetzt sehen. So schätzen sie nicht nur die Gefahr höher ein, dass Produkte bzw. Dienstleistungen veralten, sondern fürchten auch eine Bedrohung ihrer Marktposition durch neue Konkurrenz sowie durch Wettbewerber aus dem Ausland.
Passive Umsetzer verfolgen nicht vorrangig das Ziel, mit Innovationsprojekten ihr angestammtes Geschäftsmodell zu ändern. Allerdings ist die Suche nach neuen Geschäftsfeldern, in denen die Wettbewerbsintensität nicht so hoch ist (sogenannte Blue-Ocean-Innovationen), verstärkt in den Fokus ihrer Bemühungen gerückt. Patenten wird zur Absicherung der Innovationsergebnisse, wie in der vorherigen Befragung, nur wenig Bedeutung beigemessen. Andere Schutzrechte sind zwar etwas bedeutsamer, werden aber immer noch mit einer relativ niedrigen Intensität bewertet.
Vernetzung und Organisation
Das Ausprägungsprofil der Faktoren im Bereich Vernetzung und Organisation hat sich hinsichtlich der jeweiligen Intensitäten im Zeitvergleich ebenfalls teils merklich verändert. Passive Umsetzer arbeiten nun intensiver mit Kunden und Lieferanten zusammen. Dies mag teilweise an den veränderten Branchenschwerpunkten mit nun stärkerem Anteil von Unternehmen aus Logistik und Großhandel liegen. Teilweise mag es aber auch in dem Bestreben begründet sein, mittels einer höchstmöglichen Passung in die Wertschöpfungsstrukturen und damit einhergehenden engen Partnerbeziehungen dem erhöhten Wettbewerbsdruck in Teilen ausweichen zu können.
Hier scheinen die Passiven Umsetzer eher auf zielgerichtete Impulse aus den Reihen der relevanten Kooperationspartner zu setzen als auf selbst entwickelte Initiativen. Demgemäß setzen die Unternehmen dieses Milieus weniger auf systematische Innovationsstrategien und arbeiten wenig mit Akteuren aus der Wissenschaft oder Start-ups zusammen.
Kultur und Kompetenz
Das Ausprägungsbild der Passiven Umsetzer bei den Inputfaktoren zu Kultur und Kompetenz hat sich nicht grundsätzlich gewandelt, verdeutlicht aber die Hinwendung zum Ausbau kultureller Faktoren.
Weiterhin werden die Innovationsaktivitäten dieses Milieus relativ wenig durch Marktimpulse stimuliert. Die relativen Ausprägungen zeigen auch, dass sich die Passiven Umsetzer weiterhin nur bedingt (wenn auch in zunehmendem Maße) selbst als technologische Vorreiter sehen. Allerdings wird demgegenüber nun mehr Wert auf Eigeninitiative, Dynamik, Kreativität sowie Teamarbeit, Partizipation und Mitarbeiterentwicklung und fachliche Weiterbildungen gelegt.
Corona: Passive Umsetzer verschieben Innovationsaktivitäten
Nur gut die Hälfte der Unternehmen im Milieu der Passiven Umsetzer gibt an, Innovationen wie geplant fortgeführt zu haben. 9 Prozent der Passiven Umsetzer geben an, dass Aktivitäten infolge der pandemischen Situation abgesagt wurden, und 25 Prozent haben geplante Innovationsaktivitäten verschoben.
Interessanterweise gibt mit 14 Prozent ein relativ großer Teil des Milieus an, die Aktivitäten sogar ausgeweitet zu haben. Dies könnte auf eine Binnendifferenzierung des heterogenen Milieus hinweisen. Einerseits gibt es in der Gruppe der Passiven Umsetzer durchaus innovationsaffine Unternehmen, die intensiv in Innovationsvorhaben engagiert sind und ihre künftigen strategischen Optionen nicht durch Aufschiebung beschneiden möchten. Hier ist der Umgang mit Innovation, wenngleich geprägt durch eine passive Haltung, tief im jeweiligen Unternehmen verankert.
Andererseits umfasst dieses Milieu aber auch Unternehmen, für die Innovationen eher die Bedeutung einer ergänzenden Kür haben. Bei diesen wird der Umgang mit Innovation eher oberflächlich betrieben, und im Zweifel werden geplante Vorhaben zugunsten der vermeintlichen Pflichtaktivitäten verschoben.